Das Umkehrdach — Nachhaltige Alternative für Flachdächer
Bei der Wahl der passenden Dachform ist es wichtig, zwischen Flachdächern und Steildächern zu unterscheiden. Während in der Vergangenheit vor allem Steildächer mit Ziegel- oder Schiefereindeckung weit verbreitet waren, lässt sich heutzutage vor allem in städtischen Gebieten ein zunehmender Trend zum Flachdach beobachten. Die Gründe hierfür liegen allen voran in der besseren Flächennutzung, die ein Flachdach ermöglicht. Das Steildach wird hingegen oft als ungenutzter Raum betrachtet.
Flachdächer bieten die interessante Möglichkeit, das Dach als begehbare oder nutzbare Fläche zu gestalten. Interessant ist dabei das Konzept des Gründachs, bei dem das Flachdach begrünt wird. Es existieren verschiedene Systeme, die von einer extensiven Begrünung mit dünnen Substratschichten und Sedumbepflanzungen bis hin zur intensiven Begrünung mit über 100 cm dickem Substrat reichen, bei der sogar Bäume gepflanzt werden können. Ein begrüntes Flachdach schafft nicht nur zusätzlichen Lebensraum für Mensch und Tiere, sondern trägt auch zum Mikroklima und zur Retention bei. Unter den Flachdächern sind drei gängige Formen bekannt: das Warmdach, das Umkehrdach und das Kompaktdach, bei dem alle Schichten fest miteinander verbunden sind. Jede Variante hat ihre spezifischen Vor- und Nachteile, die bei der sorgfältigen Abwägung die optimale Lösung für ein bestimmtes Bauvorhaben ergeben. Nachfolgend möchten wir das sogenannte Umkehrdach als Alternative zur herkömmlichen Warmdach-Bauweise vorstellen.
Aufbau des Umkehrdachs
Der entscheidende Unterschied zwischen Warmdach und Umkehrdach liegt in der Anordnung der einzelnen Schichten. Beim Warmdach liegt die Dämmung zwischen einer auf der Tragkonstruktion angeordneten Dampfsperre sowie der oberseitigen Abdichtungsebene. Die Dämmung ist dadurch vor Umwelteinflüssen geschützt. Anders sieht es beim Umkehrdach aus. Hier wird die Abdichtungsebene direkt auf die Tragkonstruktion des Daches aufgebracht und die Dämmung unmittelbar darauf verlegt, eine Dampfsperre wird gar nicht erst benötigt. Das bedeutet, dass die Dämmung beim Umkehrdach den Witterungseinflüssen, insbesondere der Feuchtigkeit, ausgesetzt ist. Um dieses Problem zu lösen, wird beim Umkehrdach ein spezieller Dämmstoff verwendet, nämlich extrudiertes Polystyrol (XPS). Dieser geschäumte Kunststoff nimmt keine Feuchtigkeit auf und bietet somit den Vorteil, dass die empfindliche Abdichtungsebene, die oft als erste Schadensquelle angesehen wird, besser geschützt ist.
Der Aspekt der Nachhaltigkeit spielt beim Umkehrdach eine wichtige Rolle. Im Gegensatz zum Warmdach, bei dem die Dämmung oft verschraubt oder verklebt ist (und beim Rückbau als Sondermüll entsorgt werden muss), wird die Dämmung beim Umkehrdach lose verlegt. Dadurch kann die Dämmung sortenrein recycelt werden – auch wenn eine direkte Wiederverwendung nicht möglich ist. Die XPS-Platten können zerkleinert und zu neuen XPS-Platten eingeschmolzen werden. Diese Möglichkeit bietet zwei enorme Vorteile in Bezug auf die Nachhaltigkeit. Darüber hinaus zeichnet sich das Umkehrdach durch ein hohes Maß an Sicherheit aus. Da die Dämmung über der Abdichtung liegt, ist diese auch während der Bauphase gut geschützt. Das Dach ist nahezu unzerstörbar, auch wenn es von Personen betreten oder anderweitig belastet wird.
Das Umkehrdach stellt somit eine sichere, langlebige und nachhaltige Alternative dar, die zudem einen großen gestalterischen Freiraum bietet. Eine Auflast, zum Beispiel in Form einer Windsogsicherung, ist jedoch immer erforderlich, um ein Abheben der Dämmplatten zu verhindern. Das Umkehrdach kann individuell gestaltet werden, sei es mit Kies, Terrassen oder einer Begrünung. Dabei können verschiedene Elemente beliebig gemischt werden, so dass ein individuelles Erscheinungsbild entsteht. Im Vergleich dazu ist beim Warmdach eine ähnliche Gestaltungsfreiheit zwar grundsätzlich möglich, jedoch mit einem erhöhten Risiko verbunden. Obwohl auch beim Warmdach prinzipiell eine Auflast möglich ist, ist die Ausführung risikoreicher. Beim Umkehrdach wird die Bitumenabdichtung direkt auf den Beton aufgebracht, was zu einem geringeren Risiko führt.
Die Zukunft des Umkehrdachs
Zusammenfassend lässt sich sagen, dass der Trend bei Dachneubauten immer mehr in Richtung Umkehrdach, Retention und Photovoltaik geht. In Städten, insbesondere in Gebieten mit Starkregenproblemen und überlasteten Kanalnetzen, wird zunehmend die Integration von Retentionsmaßnahmen auf Flachdächern gefordert. Städte wie Berlin haben diese Forderung bereits in ihre Bauordnung aufgenommen. Die Kombination von Umkehrdach, Retention und Photovoltaik ermöglicht eine nachhaltige Nutzung der Dachflächen. Durch Retentionssysteme kann Regenwasser auf dem Dach gespeichert und zeitverzögert an die Kanalisation abgegeben werden, um die städtischen Abwassersysteme zu entlasten. Gleichzeitig bietet die Integration von Photovoltaikanlagen auf den Dächern die Möglichkeit, regenerative Energie zu erzeugen und so einen Beitrag zur Energiewende zu leisten.