Nicht immer sind es die Stars und Sternchen, die in Filmen die Hauptrolle spielen. Gebäude sind als Setting oft unabdingbar — und manchmal sogar in der Protagonistenrolle. Fünf besondere Filme haben wir uns dahingehend einmal genauer angeschaut.
Das Thema Nachhaltiges Bauen wird dynamischer, konkreter und vielfältiger. Das wurde beim Jahreskongress der Deutschen Gesellschaft für Nachhaltiges Bauen (DGNB) am 14. und 15. Februar 2023 deutlich. Die kostenlose Onlineveranstaltung bot ein dichtes und vielseitiges (Fach)-Programm auf verschiedenen digitalen Bühnen. Neben vielfältigen Impulsvorträgen gab es für DGNB-Mitglieder im „Open-Stage-Bereich“ außerdem die Möglichkeit, das eigene Unternehmen vorzustellen. 1.800 registrierte Teilnehmende waren laut Moderator und Abteilungsleiter für Kommunikation und Marketing Felix Jansen beim Kongress anwesend.
Auch für die DGNB selbst bot die Plattform Gelegenheit, um Bekanntheit und Netzwerk auszubauen. So sprach sich Felix Jansen beispielsweise nach einem appellierenden Vortrag der Biodiversitätsexpertin und Buchautorin Dr. Frauke Fischer für eine weitere Zusammenarbeit mit dieser aus. Fischer stellte in ihrer Keynote dar, dass es im Jahr 2020 auf der Erde erstmals mehr Menschengemachtes und Gebautes gab als Natur. Die Aufforstung kritisierte sie vor dem Hintergrund der Entstehung von Monokulturen ebenso wie die riesige Entnahme von Küstensand, der Tieren als Brutplatz dient. Auch gut gemeinte, aber schlecht gemachte Maßnahmen wie Wildbienenhotels auf großflächig versiegelten Parkplätzen monierte sie stark: „Wo sollen die Bienen da ihre Nahrung herbekommen?“ Zum Thema Flächenversiegelung richtete sie sich zudem direkt an die Zuhörerschaft: „Sie sind hoffentlich alle erklärte Feinde von Schottergärten.“ [Bricks Don’t Lie-Artikel zum Thema Schottergärten gibt es hier.] Sie plädiert für eine insgesamt klügere Versiegelungsstrategie und möglichst wenig Parkraum. Das Thema Biodiversität müsse mitgedacht werden und sei ein Bereich, um den man als Unternehmen „nicht mehr herumkomme“, auch wenn es zum Beispiel um die Suche nach Mitarbeitern und Fachkräften ginge.
„Um das Thema Biodiversität kommt man nicht mehr herum.“
Dr. Frauke Fischer
Eine ungewöhnliche Partnerschaftsanfrage erhielt die DGNB von der European Space Agency (ESA). Nick Appleyard von ebendieser sprach am ersten Kongresstag darüber, wie Satellitentechnik den Bau und die Wartung von Bauvorhaben (wie gigantische Hängebrücken) erleichtern könne. Im Gegenzug erhoffe man sich Unterstützung und Wissensaustausch im Bereich ressourcenschonendes und zirkuläres Bauen, wenn in den kommenden Jahren das Thema Bauen auf Mond und Mars immer spruchreifer werde.
Die Themenvielfalt zog sich durch beide Programmtage. So stellte der Oberbürgermeister von Stuttgart, Dr. Frank Nopper, gemeinsam mit Jan Kohlmeyer von der Stabsstelle Klimaschutz die ambitionierte Stuttgarter Klimaschutzagenda vor. Die energetische Sanierungsrate pro Jahr solle sukzessive auf 4 Prozent gesteigert werden – ein Spitzenwert im Branchenvergleich. Zudem wolle man auf allen geeigneten Dächern Photovoltaik installieren und verstärkt auf Wärmepumpen setzen. Das ambitionierte CO2-Neutralitätsziel von 2035 begründete er damit, dass man sich an einem Ziel ja auch „aufrichten“ könne. Zudem gebe dies Investitions- und Planungssicherheit, fügte Jan Kohlmeyer hinzu. Dass sich die Investitionen amortisieren, könne man nicht oft genug wiederholen. „Die Dinge sind unglaublich in Bewegung, unglaublich dynamisch“, so Nopper.
„Die Dinge sind unglaublich in Bewegung, unglaublich dynamisch.“
Dr. Frank Nopper
Im Gespräch über den Gebäuderessourcenpass (die DGNB selbst hat am ersten Kongresstag eine eigene finalisierte Fassung herausgegeben) wünschte sich Thomas Kraubitz, Associate Director and Head of Sustainability Europe bei Buro Happold eine noch genauere Identitätsnachvollziehbarkeit von Materialien: „Wo war denn das erste Leben? Wo war dieses Teil denn eingesetzt?“. Ein Gebäuderessourcenpass dokumentiert den genauen Materialeinsatz beim Bau eines Gebäudes und soll so zur Grundlage für eine Kreislaufwirtschaft in der Branche werden. Der Pass könne in Zukunft vielleicht irgendwann „den Energieausweis ablösen“, so Prof. Dr. Anja Rosen, Professorin für zirkuläres Bauen, und potentiell verpflichtend zum Bauantrag einzureichen sein.
Silke Stremlau, Vorständin der Hannoverschen Kassen und Vorsitzende des Sustainable Finance-Beirates der Bundesregierung, sprach wiederum über die Wichtigkeit, Geld umzulenken. „Die EU-Kommission hat erkannt, welche Rolle die Banken bei der Transformation spielen.“ Sie appellierte an Investoren, mehr in den Gebäudebestand zu gehen. „Liebe Investoren, ihr wollt immer nur neu bauen“, sagte sie offen und wünschte sich auch von der DGNB dahingehend ein Lauterwerden. „Challengen Sie die Investoren!“. Zudem dürfe es beim Thema Wohnungsbau auch nicht nur „Hightech“ geben, sondern auch Lösungen mit einem Mindestmaß an Standard, der aber „noch bezahlbar ist“. Das erlebe sie unter Finanzinvestoren weniger. Oft sähe man Immobilien immer noch als reine Renditeobjekte, ohne sich der sozialen Verantwortung bewusst zu sein. Durch die neuen „Leitplanken“ in der Finanzwirtschaft habe es aber ein deutliches Aufwachen in der Branche gegeben, so Stremlau.
„Ihr wollt immer nur neu bauen.“
Silke Stremlau, Vorständin Hannoversche Kassen
Als weitere Sprecherin stellte Anja Köhler, Sustainability Innovation Manager bei EDGE Technologies, neben der Firmenideologie von EDGE auch eine Reihe an Projekten vor – darunter EDGE Südkreuz Berlin vor. Das Gebäude konnte Ende des vergangenen Jahres das bislang beste Ergebnis in der Geschichte der DGNB-Zertifizierung für Neubauten erzielen. „Wir sind 90 Prozent der Zeit in Räumen oder Gebäuden. Diese sind aber in den meisten Fällen gar nicht für uns oder unsere Gesundheit gemacht“, so Köhler. Entgegengesetzt dazu setze sich EDGE Technologies für mehr Wohlbefinden und Nachhaltigkeit beim Bau ein – der technologische und ästhetische Aspekt müsse diesen ersten beiden Säulen unterstellt sein. Als weiteres Beispiel führte sie das Triodos Bürogebäude in den Niederlanden an, bei dem sich der Fassadenhersteller zu einer Rücknahmegarantie verpflichtet habe. Dies sporne natürlich an, die Fassadenteile von vorneherein so hochwertig und rückbaubar wie nur möglich zu bauen, erklärte Köhler.
Einen Exkurs in das Thema der „emotionalen Stadt“ gab es am Ende des zweiten Kongresstages. Wie Stadtleben und psychische Gesundheit zusammenhängen, darüber sprachen der Psychiater und Stressforscher Prof. Mazda Adli und Rudi Scheuermann, Director und Fellow bei Arup. Anhand von Studien habe man belegen können, dass die Stresspuffer im Gehirn umso aktiver sind, je mehr Grünflächen sich um die Wohngegend der Probanden befinden, erläuterte Adli. Über das viel diskutierte Thema der Fassadenbegrünung erklärte Scheuermann angesichts zunehmender Wasserknappheit in heißen Sommerperioden: „Das in einem Gebäude entstehende Abwasser kann man mit wenig Aufwand für die Bewässerung einer begrünten Fassade aufbereiten.“ Stressforscher Adli wünsche sich zudem mehr öffentlichen, nicht kommerziell genutzten Raum in den Städten, gerade in Brennpunkten. So könne man Isolationsstress aber auch Dichtestress entgegenwirken. „Die Zeit vor der Tür ist immer besser als hinter der Tür, da dies die pro-soziale Zeit ist“, erklärte er. Dafür brauche es viel mehr Begegnungs- und Interaktionsräume.
In einer 30-minütigen Videobotschaft trat schließlich auch der bekannte Arzt, Wissenschaftsjournalist und Gründer der Stiftung Gesunde Erde – Gesunde Menschen Prof. Dr. Eckart von Hirschhausen beim Jahreskongress der DGNB auf. Dabei las er Passagen aus seinem Buch „Mensch, Erde! Wir könnten es so schön haben“ vor und spielte zudem einen Kurzbeitrag seiner Sendung „Wissen vor acht – Erde“ ab, in der er das Konzept der Schwammstadt erklärte. „Wir müssen in ungewöhnlichen Allianzen kooperieren!“, appellierte er zum Schluss – hinsichtlich Dringlichkeit, Lösungen, aber auch positiver Energien.
„Wir müssen in ungewöhnlichen Allianzen kooperieren!“
Prof. Dr. Eckhart von Hirschhausen
Text: Marit Albrecht
Titelfoto: © Julian Engels
Beitragsbilder und Screenshots: © DGNB
Nicht immer sind es die Stars und Sternchen, die in Filmen die Hauptrolle spielen. Gebäude sind als Setting oft unabdingbar — und manchmal sogar in der Protagonistenrolle. Fünf besondere Filme haben wir uns dahingehend einmal genauer angeschaut.
Welche Wege und Möglichkeiten gibt es ganz konkret, um den Gebäudebestand zu bewerten? Der Hamburger Architekt Thomas Walter beschäftigt sich damit.