10-2022
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Weniger Raumvolumen, mehr Wohnkomfort — Warum es sinnvoll ist, eine Decke „abzuhängen“

Eigentlich sollte es per se keinen Sinn ergeben, teuer gemieteten – oder gekauften – Wohn- bzw. Gewerberaum künstlich zu verkleinern. Dies wäre im Grunde genommen genauso, wie sein Auto zum Tuner des Vertrauens zu geben, um dann dort die Leistung des Motors (oder besser: den Hubraum) reduzieren zu lassen. Diese Dienstleistung würde niemand in Anspruch nehmen. Warum sollte man also die Decke eines Raumes nach unten ziehen, fachsprachlich „abhängen“ lassen, was immer mit einem Verlust an Raumvolumen einhergeht? Damit einem die Decke noch schneller auf den Kopf fällt?

Vorteile einer Unterhangdecke

Hohe Altbauzimmer können etwas sehr Schönes sein und haben definitiv ihren Charm. Aber gerade bei einer modernen, minimalistischen Einrichtung ist es oftmals schwer, bei vier Meter Raumhöhe ein gemütliches, kuscheliges Wohnambiente zu schaffen. Im Gegenteil. Unabhängig der Raumtemperatur wirken hohe Räume oft ein wenig kalt und steril. Zusammen mit einer hallenden Geräuschkulisse kommt schnell das Gefühl auf, in einer Bahnhofshalle oder Basilika zu wohnen. Mag die nachhallende „Konzertatmosphäre“ beim Genuss klassischer Musik vielleicht noch passend sein, so ist sie es bei einer normalen Konversation innerhalb der Familie sicherlich nicht. Eine abgehängte, gut isolierte Decke schafft nicht nur mehr Gemütlichkeit, sie reduziert auch den Trittschall, der auf einem Laminat- oder Parkettboden unweigerlich auftritt. Für den Fokus auf Schallreduktion bieten sich sogenannte Akustikdecken an, die mit schallschluckenden Elementen ausgestattet sind.

Eine geringere Deckenhöhe bietet auch in Bezug auf die Beleuchtung des Raumes vielfältigere Möglichkeiten. Strahler können direkt in die Decke eingebaut werden, ohne dass störende Kabel oder Installationen zu sehen sind, da diese zwischen der „echten“ Decke und der abgehängten Decke versteckt werden können. Eine indirekte Beleuchtung über LED-Strahler lässt sich sehr leicht realisieren, indem die abgehängte Decke nicht die komplette Deckenfläche einnimmt, sondern mit einem Abstand zu den Außenwänden verbaut wird. Dieser „schwebende“ Effekt kann, zusammen mit einer farblichen Absetzung, zu einem echten Blickfang werden. Neben der Beleuchtung können natürlich auch Lautsprechersysteme oder Lüftungen auf diese Weise elegant verbaut oder in Szene gesetzt werden. 

Abgehangene Decke mit indirekter Beleuchtung und Halogenspots.
Foto: Shutterstock

Heizkostenreduzierung

Heizkosten sind nicht erst seit der kriegsbedingten Gaskrise ein Thema. Egal, welche Befeuerungsart man zur Betrachtung nimmt (Infrarotheizungen einmal ausgenommen), so gilt doch stets die Physik. Warme Luft steigt nach oben und mehr Raumvolumen bedeutet auch einen Mehrverbrauch an Energie. Somit ist es verständlicherweise sinnvoll, die Raumhöhe und das zu beheizende Raumvolumen zu senken. Durch die Möglichkeit einer guten Dämmung zwischen Decke und Zwischendecke ergibt sich zudem ein weiteres, nicht zu vernachlässigendes Energiesparpotenzial. Bei einem ungeheizten oder unzureichend beheizten Obergeschoss sollte jedoch ein Fachmann über die Art des Dämmmaterials und den Einbau einer „Dampfbremse“ entscheiden. Andernfalls droht Schimmelbildung durch auftretendes Kondenswasser über den Temperaturunterschied zu kalter und beheizter Wand.

Wer vor der Wahl steht, eine beschädigte, farblich abgenutzte oder gar unebene Altbaudecke zu restaurieren, sollte ebenfalls das Abhängen der Decke in Betracht ziehen, da hier auf einen Schlag sowohl Zustand als auch Optik (ohne Einbeziehen der bereits erwähnten Vorteile) eine Erneuerung erfahren. 

Da bei gemischten Wohn- und Gewerbeimmobilien gesonderte Brandschutzverordnungen und damit einhergehende Pflichten greifen, ist es nicht unüblich, die Decke der Gewerberäume mit Trockenbauplatten abzuhängen, die der geforderten Brandschutzklasse entsprechen.

Gängige Methoden des Anbringens einer Unterhangdecke

Welche Art der Unterhangdecke zum Einsatz kommt, sollte durch einen Fachmann entschieden werden. Dieser entscheidet nicht nur nach Kundenwunsch, sondern prüft auch, ob bautechnische Gegebenheiten (beispielsweise die Tragfähigkeit der Decke) für oder gegen ein System sprechen.

Sollte es nicht um Raumverringerung oder technische Installationen gehen, kann eine Zwischendecke direkt auf die alte Decke montiert werden. So lassen sich Unebenheiten ausgleichen und eine neue Optik kann entstehen. Ein direktes „Abhängen“ der Decke ist dies jedoch nicht.

Für das klassische Abhängen der Decke kann eine Rahmenkonstruktion aus Holzlatten zur Ausführung kommen. Auch wenn Holz zu einem gesunden Raumklima beiträgt, wird in der Regel mit Blechprofilen gearbeitet. Je nach Traglast der Decke werden Direktabhänger, Ösendraht, Schnellabhänger oder spezielle Abhängersysteme genutzt, die direkt mit der ursprünglichen Decke verbunden werden. Direktabhänger eignen sich besonders für kleine bis mittlere Höhenunterschiede und sind ideal, wenn optische Belange Priorität haben und wenig Raumverlust angestrebt wird. Das Prinzip des „Abhängens“ ist jedoch dasselbe. An den Außenwänden werden umlaufend Wandanschlussprofile (UD-Profile) verschraubt. Über die Aufhänger wird das Gerüst aus Grund- und Trageprofil auf die Wandanschlussprofile aufgesetzt. So ist eine einheitliche Deckenhöhe gewährleistet und das Durchhängen der Decke wird vermieden. Auf das Trageprofil werden dann die zugeschnittenen Gipskartonplatten montiert. Sollte eine Dämmung gewünscht sein, wird diese natürlich vorher angebracht, genauso wie die Installation von Elektrik oder Deckeneinbaustrahlern. Nach der Montage der Platten, dem Spachteln, Schleifen und Grundieren kann der Farbanstrich oder das Auftragen von Spritzputz erfolgen. 

Klassische „Abhängarbeiten“.
Foto: Shutterstock

Unter Umständen kann es vorkommen, dass die Bausubstanz oder sonstige Gründe ein Aufhängen der Unterdecke an der ursprünglichen Decke unmöglich machen. In diesem Fall werden freitragende Weitspannträgerdecken montiert. Hier werden die Trägersysteme ausschließlich an den Außenwänden befestigt, sodass keine Verbindung zur Rohbaudecke mehr notwendig ist.

Eine weitere, erwähnenswerte Variante der Gestaltung einer neuen Decke ist die Spanndecke, deren Montage sehr zeitsparend ist und die am wenigsten Raum einnimmt. Eine Spanndecke ist im Grunde genommen nur eine spezielle Kunststofffolie, die unter die vorhandene Decke gespannt wird. Eine Befestigung kann über die Außenwände oder die Decke erfolgen.

Abhängen do-it-yourself?

Egal für welche Form des Abhängens einer Decke man sich entscheidet – handwerklich Unbegabte sollten unbedingt einen Fachhandwerker beauftragen. Was für einen gelernten Trockenbauer eine leichte Übung ist, kann für einen Laien selbst mit dem besten Tutorial ein endloser Frustmarathon werden. Pro Quadratmeter Deckenfläche können für die reine Trockenbauarbeit 40 bis 80 Euro einplant werden. Dazu kommen gegebenenfalls noch Kosten für das Anbringen von Elektrik oder besondere Malerarbeiten, die über das reine Weißen hinausgehen.


Text: Stefan Mothes

Titelbild: Shutterstock