Damit ein Haus entsteht, kommt ein Block auf den anderen. Daran hat sich im Baugewerbe seit eh und je nicht viel geändert. Doch bleibt in der Branche wirklich alles beim Alten? Nein, tut es nicht!
Nachhaltigkeit, Umweltschutz und Emissionsreduktion sind Begriffe mit viel Schlagkraft. Oft sind die Antworten auf die Probleme dahinter jedoch eher Symptombekämpfung als eine wirkliche „Wurzelbehandlung“. Dabei ist es gerade die Baubranche, die mit 40 % Anteil am jährlichen CO2-Ausstoß in Deutschland noch viel Einsparpotential hat. Ein Unternehmen, das sich dem nachhaltigen Umgang mit Ressourcen verschrieben hat, ist Concular.
Man kennt es: Die Nutzungsanforderungen haben sich während des Bauprozesses verändert und nun ist überschüssiges Material frei und die damit verbundene Frage, wohin damit? Immer mehr Unternehmen in Deutschland werden auf diesen Missstand aufmerksam, der zusätzlich durch steigende Rohstoffkosten angetrieben wird. Ganz vermeiden lassen wird sich überschüssiges Baumaterial vermutlich nie, allerdings muss Wegwerfen nicht mehr der gängige Weg sein. Die zu Concular gehörige Onlineplattform Restado bietet eine mögliche Alternative zur Entsorgung. Mit dem Ziel, überschüssigen und zurückgebauten Baustoffen eine zweite Chance zu geben, bietet Restado einen digitalen Marktplatz an, auf dem Akteure aus Bau, Architektur, Handwerk und Handel jene Baustoffe kaufen und verkaufen können. Die Besonderheit liegt dabei in den detaillierten Produktbeschreibungen, die den Weiterverkauf erleichtern und offene Fachfragen klären. Indem Restado wiederverwendbare Bauchstoffe unter den Beteiligten vermittelt, verlängert es den Produktlebenszyklus und trägt zur Ressourcenschonung und Kreislaufwirtschaft bei.
Wir machen aus Müll eine Ressource.
Julius Schäufele, Geschäftsführer von Restado & Concular
Die Baubranche entwickelt sich immer nachhaltiger und kreislauffähiger. Mit Restado war der erste Schritt gemacht, um ein Teil dieser Entwicklung zu werden. Allerdings handelt es sich bei den vermittelten Materialien in der Regel nur um kleinere Produktmengen aus verschiedenen Projekten. Deshalb haben Julius Schäufele und sein Team die Idee von Restado weiterentwickelt und mit Concular eine Plattform geschaffen, die zirkuläres Bauen auch in der „professionellen Immobilienbranche umsetzbar macht“, so Schäufele. Als digitales Ökosystem für kreislaufgerechtes Bauen soll die Plattform einen möglichst verträglichen Rückbau von Bauprojekten sowie emissions- und CO2-neutralen Bauprojekten ermöglichen. Eine eigens dafür entwickelte Software hilft dabei, die wiederverwendbaren Baustoffe und Materialien digital zu erfassen und jeweils Materialpässe zu erstellen. Diese Pässe geben den Materialien und Bauteilen eine eindeutige Identität, um künftige Verwertungsszenarien abzubilden und sie bis zum Einbau zu verfolgen.
Zunächst werden alle Informationen geprüft, die der Bauherr zur Verfügung stellt. Sind diese knapp, wird eine Erstbegehung gemacht, bei der grundlegende Gebäudedaten sowie eine Potentialanalyse erfolgt. Je nach Ziel der Bestandserfassung – z. B. Materialvermittlung, Ökobilanzierung oder Gebäuderessourcenpass-Erstellung – werden in einem nächsten Schritt Materialien und Bauteile digital mehr oder weniger detailliert erfasst. Dabei werden verschiedene Informationen wie Menge, spezifische Eigenschaften, Materialqualität oder auch Herkunft und Rückbaufähigkeit erfasst und als Materialpässe ausgewertet.
Der gemeinsame Nenner zwischen Auftraggebern und Concular ist es, dass bereits ein oder mehrere Gebäude vorhanden sind und herausgefunden werden soll, wie mit dem vorhandenen Bestand am effizientesten umgegangen werden kann. Dabei helfen die Materialpässe, Potentiale aufzuzeigen und fundierte Entscheidungen über eine optimale Weiterverwendung zu treffen. Auf dieser Basis wird dann der Rückbau, Umbau oder Neubau an virtuellen Modellen und Simulationen geprüft. Ist die umfassende Prüfung abgeschlossen, vermittelt Concular die benötigten Materialien für ein Bau- oder Umbauprojekt aus einem anderen Rückbauprojekt, das Concular ebenfalls betreut. Dabei macht sich das Unternehmen die eigenen Synergien zu Nutze, sowohl auf der Seite des Material-Nachfragers als auch des Material-Anbieters zu stehen.
Es sollte immer eine gründliche Untersuchung des Status Quo erfolgen, um festzustellen, ob ein Abriss wirklich notwendig ist oder ob das Gebäude durch Umbaumaßnahmen noch für eine längere Nutzungsdauer geeignet gemacht werden kann.
Julius Schäufele, Geschäftsführer von Restado und Concular
Wird eine erneute Nutzung ausgeschlossen, ist es das Ziel, einen Teil der Materialien für eventuelle Neubauten zu verwenden und die restlichen Baustoffe an externe Umbau- oder Neubauprojekte weiterzugeben. Durch diese aktive Förderung der Ressourcenreduktion und Wiederverwendung setzt sich Concular für eine modulare und vorausschauende Planung ein. Die Hoffnung ist, dass sich dadurch möglicherweise auch der Designprozess ändern könnte, indem zunächst nach verfügbaren Materialien gesucht wird und anschließend das Gebäude entsprechend geplant wird, anstatt wie bisher üblich umgekehrt vorzugehen.
Seit 2020 begleitete Concular mehr als 250 Projekte. Unter anderem die Konversion einer alten Kaserne in Bielefeld hin zu einem neuen Quartier mit Wohneinheiten, Büros, Einzelhandel, Gastronomie und sogar einer Kindertagestätte. Dabei wurden 24 Gebäude – von großen Hallen bis hin zu kleinen Lagergebäuden – begangen und mit der Concular-App inventarisiert. Die kategorisierten Bauteile sollen für den Um- und Neubau vor Ort verwendet werden; was übrig bleibt, wird an andere Projekte weitervermittelt. Beim Umbau des Telekom-Towers Konstanz prüfte Concular die Aluminium-Fassade. Die Auswertung ergab, dass der Auftraggeber rund 10.000 Euro an Abrisskosten einsparen und sogar 2.000 bis 3.000 Euro Gewinn durch Weitervermittlung erzielen kann.
Das Concular Partner Programm ist ein Netzwerk von Unternehmen, Büros und Forschungseinrichtungen, die die gemeinsame Idee von einer zirkulären Wertschöpfungskette in der Baubranche, die CO2– und ressourcenschonend agiert, teilen. Die Partner sind dabei in vier Kategorien unterteilt: Design, Development, Product und Service. Die Synergien zwischen den Partnern ermöglichen einen nahtlosen Ablauf von Planung bis zum Bau, Rückbau, Aufbereitung, Prüfung und Wiedereinbau. Weitere Informationen zum Partnerprogramm und einer Mitgliedschaft gibt es hier.
Text: Till Bunzel
Bilder: © Shutterstock (wenn nicht anders gekennzeichnet)
Damit ein Haus entsteht, kommt ein Block auf den anderen. Daran hat sich im Baugewerbe seit eh und je nicht viel geändert. Doch bleibt in der Branche wirklich alles beim Alten? Nein, tut es nicht!
Im Kolumnenbeitrag zum Thema Zwischennutzung hebt Sofia Ceylan die Bedeutung von unkonventionellen, kreativen und unterschiedlichen Nutzungen von (leerstehenden) Gebäuden hervor. Die Autorin ist Teil von TOMAS –Transformation of Material and Space, einer „sozialverträglichen Architekturunternehmung“.