Chemnitz — „Stadt der Moderne“ und Kulturhauptstadt Europas 2025 hat eine tanzende Siedlung bekommen. Wir zeigen die mutigen Formen — Lebensfreude in Architektur verpackt!
Egal, in welchem Genre man sich bewegt – in Film und Fernsehen sind die Protagonisten innerhalb der Handlung zumeist „lebendiger“ Natur und nehmen eine dementsprechend hohe zeitliche Präsenz auf der Leinwand ein. Egal, ob sie nun Jack Nicholson, Cameron Diaz, Lassie, Flipper, E.T. oder King Kong heißen. Sie treiben die Handlung voran und stehen im Mittelpunkt des Betrachters. Ohne sie wäre die Story nicht das, was sie ist. Allerdings gibt es auch einige Streifen, bei denen neben den Protagonisten aus Fleisch und Blut Objekte eine tragende Rolle spielen. Damit ist nicht der Heilige Gral gemeint, sondern Gebäude, die mehr als nur Handlungsorte sind, sondern maßgeblich die Story beeinflussen und oftmals Bestandteil des Filmtitels sind. Wir haben uns einige Filmklassiker angeschaut, bei denen Gebäude unterschiedlicher Bauart eine bedeutende Rolle spielen. Film ab!
Harold Lloyd war in den 20er Jahren des vergangenen Jahrhunderts neben Buster Keaton und Charlie Chaplin einer der berühmtesten Klassiker des komödiantischen Stummfilms und Akteur in rund 200 Filmen. Mit seinen spektakulären Stunts inspirierte er auch spätere Generationen von Schauspielern, unter anderem Jackie Chan, der mehrfach Hommagen an Harold Lloyd in seinen Actionfilmen unterbrachte. „Ausgerechnet Wolkenkratzer“ handelt vom jungen Harold, der seiner Angebeteten den reichen Geschäftsmann vorspielt, ohne einen Dollar in der Tasche zu haben. Zufälligerweise lobt das Kaufhaus, in dem er arbeitet, eine hohe Summe für den aus, der das Kaufhaus bekannter macht und damit neue Kunden anzieht. Dies bringt ihn auf die Idee, einen klettererfahrenen Freund dazu zu begeistern, das Hochhaus zu erklimmen. Ärger mit einem nachtragenden Polizisten führt jedoch dazu, dass Harold selbst die Fassade hochklettern muss, und von Stockwerk zu Stockwerk hofft, dass sein Freund ihn ablöst. Höhepunkt der – für damalige und auch heutige Verhältnisse – atemberaubenden Kletterpartie ist die Szene, in der Harold sich am Zeiger einer großen Uhr festhalten muss, um nicht abzustürzen. „Ausgerechnet Wolkenkratzer“ ist nach wie vor ein cineastisches Highlight und zu Recht Harold Lloyds Opus magnum.
Ein Haus deutlich unter Preis zu erwerben, hat nicht selten einen Haken. Dies muss auch die Familie Freeling schmerzlich erfahren. Der Spuk (wortwörtlich) beginnt, als ihre kleine Tochter Carol-Anne des Nachts vor dem Fernseher sitzt, der nach Sendeschluss nur noch ein Rauschen von sich gibt, und mit Selbigem spricht. Weitere ungewöhnliche Vorfälle ereignen sich, bis sich die Lage zuspitzt und ein Baum im Garten zum Leben erwacht, der die Familie verschlingen will. Parallel dazu verschwindet auch Carol-Anne, die fortan nur noch über den Fernseher zu ihren Eltern sprechen kann. In ihrer Verzweiflung zieht die Familie ein Medium zu Rate, mit deren Hilfe sie Carol-Anne aus dem Kleiderschrank (der ein Portal zu einer anderen Welt darstellt) befreien. Bevor die Familie das Haus verlassen kann, versuchte das Böse erneut seine Opfer zu verschlingen, bevor das Haus schlussendlich in sich kollabiert und einen Blick auf uralte Grabsteine und Skelette freigibt. Wie sich später herausstellt, hatte der Makler in seinem Verkaufsgespräch verschwiegen, dass das Haus auf einem ehemaligen Friedhof erbaut wurde. Poltergeist war zu seiner Zeit ein großer Erfolg an den Kinokassen, auch in Bezug auf die verwendeten Spezialeffekte und den subtilen Gruselfaktor, der ohne Blut und Gewalt auskam. Auch die Comicserie „Die Simpsons“ griff das Thema in der Folge „Horror frei Haus“ in ihrer zweiten Staffel im Jahre 1990 noch einmal auf, was den Kultfaktor des Films noch einmal unterstrich.
Jeder, der seine Jugend in der ehemaligen DDR verbracht hat, kennt die Spuk-Reihe der DEFA-Studios, die mit „Spuk unterm Riesenrad“ begann, mit „Spuk im Hochhaus“ fortgesetzt wurde und mit „Spuk von Draußen“ ihr würdiges Ende fand. Spuk im Hochhaus handelt von den niederträchtigen Wirtsleuten Jette und August Deibelschmidt, die ihre wohlhabenden Gäste aus Habgier betrunken machten und mit dem Hieb mit einer gusseisernen Pfanne um ihre Taler (und ihr Leben) erleichterten. Als durch sie der Ortspolizist Friedrich Wilhelm Licht ums Leben kommt, werden sie mit einem Fluch belegt. Erst nach 200 Jahren dürfen sie durch das Vollbringen von sieben guten Taten Erlösung finden. Als die zwei Gauner nach dieser Zeit wieder ins Leben zurückkehren, finden sie sich (mittlerweile in den 80er Jahren) in einem Berliner Hochhaus wieder.
Nachdem sie anfangs jede Menge Unfug anstellen, finden sie sich langsam in der neuen Welt zurecht und werden fast schon Teil der Hausbewohner, die in der Serie wie eine große, wenn auch sehr diffizile Familie auftreten. Sämtliche Szenen, der in sieben Episoden aufgeteilten Reihe, spielen ausnahmslos in dem typischen Plattenbau, der damals in ostdeutschen Städten als modern galt. Während das „echte“ Hochhaus in Berlin-Friedrichshain stand, fanden die Innenaufnahmen übrigens in den Babelsberger Filmstudios statt. Mit insgesamt 210 Minuten „Screentime“ ist wohl kein Gebäude mehr in einem Film präsent als in dieser unbeschwerten Perle der DDR-Unterhaltung.
„Das wandelnde Schloss“ ist eines der frühen Meisterwerke der japanischen Ghibli-Studios und bietet mit fast zwei Stunden Länge abendfüllende Unterhaltung für Jung und Alt. Im Mittelpunkt des zauberhaft gestalteten Anime-Films steht die junge Hutmacherin Sophie, die von der bösen Hexe aus dem Niemandsland in eine alte Frau verwandelt wird. Auf ihrer Suche nach der Hexe und dem Niemandsland lernt sie eine verzauberte Vogelscheuche kennen, die sie zum wandelnden Schloss führt, welches dem Zauberer Hauro gehört und vom Feuerdämon Calcifer mit Energie versorgt wird. Unabhängig, wo sich das Schloss gerade befindet, ermöglicht es Hauro beim Verlassen der Haustür an einem anderen Ort auszusteigen. Im Zuge der sehr komplexen Handlung dient das wandelnde Schloss immer wieder als zentrales Element und scheint auch ein gewisses Eigenleben zu haben. Innerhalb des Fortgangs der Geschichte wird das Schloss mehr und mehr beschädigt, bis es – nur noch aus ein paar Brettern bestehend – als rudimentäres Transportmittel seine finale Aufgabe erfüllt und zum Happy End der Geschichte beiträgt. Im Abspann sieht man das rundum erneuerte Schloss durch die Wolken fliegen, während sich auf der Brücke (die wieder verjüngte) Sophie und (der des bösen Zaubers beraubte) Hauro verliebt in den Armen halten. Kann man sich als Gebäude einen loyaleren Gefährten vorstellen?
„High-Rise“, der als Science-Fiction Drama seltsamerweise im Jahre 1975 spielt, beschwört ein dystopisches Szenario herauf, bei dem offen dargestelltes Kastendenken innerhalb einer großen Wohngemeinschaft zum Zerfall führt. Schauplatz des Geschehens ist ein moderner Wolkenkratzer, der nicht nur Wohnraum bietet, sondern auch Geschäfte und Dienstleister des täglichen Bedarfs beheimatet. Das Angebot reicht vom Fitnesscenter über den Supermarkt bis hin zur Grundschule. Für die Bewohner sollte diese Vielfalt eigentlich ein Segen sein, wenn es nicht innerhalb des Hauses eine unausgesprochene Rangordnung gäbe, die symbolträchtig den gesellschaftlichen Status der Mieter aufzeigt. In den oberen Stockwerken wohnen die Reichen und Mächtigen, darunter die Mittelschicht und in den unteren Stockwerken – salopp ausgedrückt – der Pöbel. Auf engsten Raum führt diese Abgrenzung schnell zu sozialen Spannungen, die letztendlich in Anarchie, Chaos und Gewalt enden. Der Wolkenkratzer in High-Rise steht an dieser Stelle sinnbildlich für einen architektonischen Spiegel der Gesellschaft, die in Beton gegossenen Abgründe der menschlichen Psyche und die Büchse der Pandora. Der teilweise sehr düstere, verstörende Film ist beim bestem Willen keine leichte Kost, aber auch kein anspruchsloses Popcorn-Kino.
Text: Stefan Mothes
Titelbild: © Pixabay
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