07-2023
07-2023

Luxemburg liefert — Wie ein kleines Land die Weichen für zirkuläres Bauen stellt 

Wie gehen eigentlich unsere europäischen Nachbarn mit den Themen zirkuläres Bauen und der Wende hin zur Kreislaufwirtschaft im Bauwesen um? 

Fakt ist – europaweit geht ein Ruck durch die Branche. Holzbauprojekte schießen aus dem Boden (in Stockholm soll das weltweit größte Holzbauprojekt in Form der Stockholm Wood City entstehen), Stroh und Lehm werden wiederentdeckt und bei vielen Planern und Architekten steht der Gebäudebestand wieder stärker im Fokus (Beispiel Casa Rossa in Chemnitz). Auch Pilotprojekte wie das CRCLR-Haus in Berlin oder das Recyclinghaus in Hannover zeigen, wo es in Zukunft beim Bauen hingehen wird. 

Von einer geschlossenen Kreislaufwirtschaft im Bau kann aber noch lange nicht die Rede sein. 

Luxemburg auf dem Weg zur Kreislaufwirtschaft

Ein kleines europäisches Land, das zu Unrecht generell nicht viel von sich reden macht, stampft gerade ein eindrückliches Beispiel für durchdachtes und auf Langfristigkeit ausgelegtes Bauen aus dem Boden.

Die Rede ist von Luxemburg. Im zentral gelegenen Bissen entsteht dort gerade auf Initiative des luxemburgischen Wirtschaftsministeriums ein rückbaubares Parkhaus mit rund 500 Plätzen, um den dort ansässigen „Automotive Campus“ – ein Gewerbegebiet der Automobilindustrie – mit Parkraum zu bedienen. Bedingung seitens des Wirtschaftsministeriums: Das Parkhaus muss zu 100 Prozent abmontierbar sein, um es bei Bedarf an anderer Stelle wieder aufbauen zu können. 

Das luxemburgische Bauunternehmen JANS widmet sich zusammen mit dem Architektenbüro RAU aus Amsterdam, den Büros Plan B und Dalzotto aus Luxemburg sowie PROgroup und Astron (Briand Group), die im Bereich zirkuläres Bauen bereits als erfahren gelten, dem Bau des sogenannten „LoopPark“.

Rendering des zukünftigen LoopParks in Bissen.

Das Parkhaus mit einer Grundfläche von 2540 Quadratmeter kann um zusätzliche Büroflächen erweitert werden.

Auch ein gänzlicher Umbau in ein Bürogebäude ist möglich.

„Wir dürfen uns der Thematik nicht verschließen“

„Das Thema Kreislaufwirtschaft steckt in Luxemburg noch in den Kindeschuhen“, erklärt Guido Kohnen, kaufmännischer Leiter bei JANS. Das Thema Wiederverwertung sei aber bei den Nationalwahlen im Herbst ein wichtiger Punkt auf der Agenda und gewinne immer mehr an Auftrieb. „Wir dürfen uns der Thematik nicht verschließen“, so Guido Kohnen. 

2020 gewann JANS die Ausschreibung des Wirtschaftsministeriums, welche neben der Rückbaubarkeit auch die lokale Ansässigkeit der Baufirmen zur Bedingung gemacht hatte, damit diese „die neuen Techniken des zirkulären Bauens entwickeln“, wie es auf der Website von INFOGREEN heißt. 

Bauarbeiten am zukünftigen Technikraum des Parkhauses.

Vorgefertigte und vorgebohrte Stahlträger, die vor Ort montiert werden.

Mithilfe eines LKW-Krans wird die Stahlkonstruktion für die zukünftigen Rampen des Parkhauses montiert.

Einer der Liftschachte des zukünftigen LoopParks.

Betonfertigteile für das zukünftige Treppenhaus.

Die 20 cm dicken Betonteile werden im Werk vorgefertigt und schließlich vor Ort aufgestellt und montiert.

Schrittweise Montage der Rampen.

Der erste Spatenstich für das Projekt erfolgte im Frühjahr 2023. Auf insgesamt sechs Etagen entstehen circa 500 Parkplätze. Die tragende Stahlstruktur, die einen Großteil des Baus ausmacht, wird verschraubt und ist somit komplett rückbaubar. „Jedes Element kann einzeln abmontiert werden“, erklärt Guido Kohnen. Zwischen den Etagen werden zusammen mit einer Dichtung Fertigteilbetonelemente eingesetzt. Auch diese sind gänzlich wiederverwendbar, da man sie bei einem eventuellen Rückbau einfach ausheben könne.  

Ein Bau für die Zukunft

Dem Wirtschaftsministerium sei bewusst, dass der LoopPark in der Zukunft an dieser Stelle beziehungsweise in dieser Form vielleicht nicht mehr notwendig sein wird. Entsprechend lege man jetzt den Grundstein dafür, dass die verbauten Ressourcen später in anderer Form weiterverwendet werden können oder das Gebäude angepasst werden kann. Das Parkhaus könne in einer späteren Bauphase vergrößert werden, erklärt Guido Kohnen, sowie zudem um einen Bürokomplex erweitert werden. Auch der komplette Umbau in ein Bürogebäude sei möglich. 

Der Anspruch der Regierung sei da, Innovation in Luxemburg voranzubringen und die „Kreislaufwirtschaft salonfähig zu machen“, formuliert es der JANS-Mitarbeiter. Für das Bauunternehmen ist es das erste Projekt dieser Art – man sei sich bewusst, dass es in Zukunft noch mehr in diese Richtung gehen wird. 

Im Sinne der Innovation wird das Parkhaus zudem mit einer Photovoltaikanlage ausgestattet sein und über insgesamt 36 Ladesäulen für Elektroautos verfügen. Der LoopPark soll Ende des Jahres fertiggestellt werden.


Text: Marit Albrecht

Bilder: © JANS