Mangelware — Baustoffknappheit trifft die Branche hart
Wir haben die wichtigsten Gründe dafür zusammengefasst.
Wer gerade ein Haus baut, kennt das Problem: Es herrscht Baustoffmangel.
Dass die akute Knappheit an Baumaterial so heftig einschlagen würde, zeichnete sich im Grunde bereits im Herbst letzten Jahres ab, so Marc Jans, Bauunternehmer aus Luxemburg und Teil der Bricks Don’t Lie-Redaktion.
„Los ging es schon im Oktober 2020 mit der Holzknappheit. Und ansonsten dann ab Februar, das ist echt eine Katastrophe gerade in Luxemburg.“
Dabei ist die Lage in ganz Europa dramatisch. Der Mangel trifft die gesamte Baubranche hart. Besonders eklatant sei der Mangel an Holz und Holzdämmmaterial jeglicher Art, aber auch bestimmtes Rohbaumaterial, Kunststoffrohre und spezielle Fenster bekäme man gar nicht, sagt er.
Die Gründe für den Mangel sind seiner Meinung nach vielfältig. Zum einen sei durch Corona die Produktion zeitweise heruntergefahren worden. Auch die unterbrochene Lieferkette durch die Blockade des Suezkanals habe ihr Übriges getan. Zum anderen würden die wirtschaftlichen Schwergewichte China und USA den europäischen Holzmarkt förmlich leerkaufen und das fast „zu egal welchen Preisen“, so Marc Jans. Auch aus Russland beziehe man kaum Holz aufgrund von bestehenden Sanktionen.
Viele Faktoren, die zusammenkommen und die heimische Baubranche massiv unter Druck setzen. In einem Beitrag des ZDF (Explodierende Preise: Warum Holz so teuer ist) ist die Rede von einer Lieferzeit von mehr als zehn Wochen für den begehrten nachwachsenden Rohstoff. Unmöglich, unter diesen Bedingungen Aufträge fristgerechnet abschließen zu können.
Ein Ende ist zudem so schnell nicht in Sicht. Marc Jans setzt Hoffnung in die weltweiten Impfkampagnen und somit die Bekämpfung der Coronapandemie, aber auch in die Präsidentschaft Bidens: Wenn es zwischen USA und Kanada wieder zu einem Handelsabkommen kommt, welches unter Trump abgesägt wurde, dann könnte sich die Lage auf dem europäischen Holzmarkt wieder etwas entspannen, da die USA ihr Holz wieder aus Kanada beziehen würde. Diese Lösung wäre wohl eine der naheliegendsten – im wahrsten Sinne des Wortes.
Dass europäische Hölzer, die hier vor Ort für nachhaltige Bauprojekte zum Einsatz kommen könnten, um die halbe Welt geschifft werden, ist natürlich nicht nur ökologisch bedenklich.
Unterdessen sind Bauunternehmer gezwungen, Ausweichmaterialien zu finden. „Man muss Alternativen finden, das ist aber nur begrenzt möglich und mit viel Logistik und Organisation verbunden“, sagt Marc Jans. Anstelle von Holzfaserdämmung weiche man nun beispielsweise auf Mineralwolldämmung aus.
Und auch die Langzeitfolgen bedrohen die Branche. Laut Marc Jans werden sich die momentan stark erhöhten Preise auf einem bestimmten Niveau einpendeln. Zwar „nicht wie jetzt bei 30 bis 40 Prozent“, aber einen dauerhaften Preiszuwachs von 10 bis 15 Prozent hält er für realistisch.
Während bei öffentlichen Bauaufträgen die Kosten teilweise weitergegeben werden können, sei dies bei privaten Bauherren nicht der Fall. Dort gilt: Vertrag ist Vertrag.
Eines stimmt Marc Jans für den Moment jedoch positiv: dass der Baustoffmangel nun endlich medienwirksam und öffentlich sei. „Es muss debattiert, angesprochen werden.“
Weiterführend zum Thema empfehlen wir die BR-Dokumentation „Mit Holz aus der Klimakrise?“ von Sabine Lindlbauer.