12-2023
12-2023

Mit Schwachholz stark bauen — was TRIQBRIQ beim Holzbau anders macht

Das Bau-Start-up TRIQBRIQ um Geschäftsführer Max Wörner will hoch hinaus. „Wir wollen Städte mitgestalten, Nachverdichtungen und Quartiere bauen.“ Fernab der herkömmlichen Bauweise mit Stahl und Beton wollen sie das aber mit Holz umsetzen. Aber Holzbau ist nicht gleich Holzbau.

Das Unternehmen TRIQBRIQ hat ein System entwickelt, mit dem es selbst mit Kalamitäts- und Schwachholz mehrgeschossig bauen kann. Der sogenannte „BRIQ“ ist ein Baustein aus Holz, der sich hinsichtlich Planung, Logistik und Montage wie ein normaler Ziegelstein verhält. „Wir haben nur den Rohstoff ausgetauscht“, so Geschäftsführer Max Wörner.

Fertig produzierte „BRIQs“ festgezurrt auf einer Palette – bereit für den Bau

Kleiner Klotz — große Wirkung

Der mikromodulare Baustein verfüge über eine dreiachsige Verbindungsstruktur, aufgrund derer es keiner langen Teile bedarf, die ausknicken könnten. Wörner spricht hier von einem „Harmonierungseffekt“. Die Anforderungen an die Holzqualität seien somit geringer, Alt- und Schwachholz seien ebenso geeignet wie schadhaftes Holz. Das Thema Holzbau habe für den Unternehmer auf der Hand gelegen, als er begann, sich für nachhaltiges Bauen und Wohnen der Zukunft einzusetzen. „Es gibt kein Baumaterial, das so einfach herzustellen ist“, schwärmt er vom Rohstoff.

Auch für den mehrgeschossigen Wohnungsbau eigne sich das System, so der 34-Jährige. Die unteren Geschosse könnten mit stabilem C30- oder C24-Holz gebaut werden, die oberen mit weniger festem Holz. Die Kleinteiligkeit des Bausystems würde diese Mischung innerhalb einer Wandstruktur und eines Gebäudes zulassen. Auch Anpassungen wären leichter vorzunehmen.

Gesamte Produktionskette eines BRIQs: Hier verwendet TRIQBRIQ rückgebautes Holz in Balkenform

In Zusammenarbeit mit Concular wird das Holz aus Bestandsbauten neu „vermittelt“ und von TRIQBRIQ zugekauft

Stammwerk von TRIQBRIG in Tübingen. Hier entstehen die Bausteine aus Holz.

Die Holzbalken werden auf Metallrückstände untersucht

Vorbereitung für das Zusägen der Holzbalken im Stammwerk

Mit der werkseigenen Säge werden die Balken zugeschnitten

Beim Zuschneiden des Holzes ist Präzision gefragt. Mitarbeiter Mahir Ljimani bei der Arbeit

Industrieroboter beim Zusammensetzen eines BRIQs

Die Bauzulassung für den seriell herstellbaren BRIQ kam im Sommer 2022

Bohren der Löcher für …

… die Buchenholzdübel

Der BRIQ verhält sich in der Planung und beim Bau wie ein herkömmlicher Ziegelstein

Der erste BRIQ verlässt die Produktion. Lewin Fricke, Leitung Öffentlichkeitsarbeit bei TRIQBRIQ, zeigt ihn stolz.

TRIQBRIQ will mit seinem Baustoff Nachhaltigkeit und das Thema Rückbaubarkeit in der Baubranche voranbringen

Mikromodularer Holzbau

„Es ist so unkompliziert, mit Holz umzugehen, im Vergleich zu Stahl oder Beton. Wenn dort ein Fehler im Bauteil ist, kann man nicht auf der Baustelle anfangen mit schweißen – es dauert Stunden. Etwas anzupassen rechnet sich meistens gar nicht – man schmeißt das Teil weg und ersetzt es“, erklärt der Unternehmer. In der Mikromodularität sieht Wörner einen entscheidenden Vorteil: „Ich kann den Baustoff wiederverwenden, ohne dass ich ihn noch einmal anpacken muss. Der BRIQ ist eine Kenngröße, mit der man direkt wieder neu planen kann. Um eine massive Wandscheibe auszubauen, braucht man einen Kran und die Platte muss teuer verladen werden. Und wo kommt sie dann hin? Man braucht ja erst einmal ein Gebäude, das genau diese Scheibe braucht.“

All das sei laut Max Wörner viel zu aufwendig und kostspielig. „Es wird zwar mit Holz gebaut, aber danach geht es oft in den Ofen und wird thermisch verwertet. Das nennt man dann CO₂-neutral, aber wir müssen ja CO₂ langfristig einlagern!“

Warum Holzbau nicht immer nachhaltig ist

Für Wörner ist klar, dass Holzbau nicht automatisch Nachhaltigkeit bedeutet. „Auch die Holzständerbauweise ist für mich kein Holzbau“, erklärt der Stuttgarter. „Da sind ja teils bis zu 15 verschiedene Materialien in einer Wand. Was ist da noch Holzbau?“ Dabei kritisiert er den hohen Anteil an Stoffen wie Folien für den Feuchteschutz, verleimte OSB-Platten und mehrere Farbschichten. Der Prozess sei so aufwendig, dass „das doch niemand mehr trennt oder recycelt.“ Vielmehr sei dieses Vorgehen hinderlich, da es neu hergestellte Produkte begünstige, die billiger sind.

Die Holzständerbauweise ist für mich kein Holzbau.

Max Wörner, Geschäftsführer TRIQBRIQ

Der 34-jährige Max Wörner ist seit seinem 18. Lebensjahr Unternehmer. Im Jahr 2021 gründete er die TRIQBRIQ AG, deren Geschäftsführer er ist.

Derzeit entwickle TRIQBRIQ ein Haus, dass laut Wörner zu 100 Prozent auf Baustoffebene zurückgenommen werden kann. Ziel ist es, dass ein Gebäude nicht nur wieder auseinandergenommen werden und in gleicher Architektur wieder aufgebaut werden kann. Vielmehr soll das Gebäude in seine einzelnen Baustoffe zerlegt werden können, die dann in anderer Menge und in anderer Architektur an anderer Stelle wiederverwendet werden können, ohne Bauschutt oder Überreste.

Altholzrettung und Baumplantagen

Auf die Frage hin, wo all das Holz für die Projekte herkommen solle, antwortet der Geschäftsführer: „Wir wollen schlechtes Holz retten und so lange wie möglich einbauen beziehungsweise einlagern.“ Für den kleinteiligen BRIQ eigene sich eben auch Kalamitätsholz. Neben dem regionalen Bezug aus heimischen Wäldern bekomme TRIQBRIQ sein Holz auch aus Bestandsimmobilien. „Wir verwenden rückgebautes Holz aus alten Gebäuden. Hier arbeiten wir mit Concular zusammen, die Gebäude aufnehmen und dann die Materialien daraus weitervermitteln. Da kaufen wir Holz zu.“ Zudem greife TRIQBRIQ auf Verpackungsholz zurück, das normalerweise nur eine kurze Verwendung hat und danach verbrannt wird. „Wir versuchen generell für Holzprodukte eine zweite Kaskade aufzumachen.“ Warum wegschmeißen, wenn man noch einen Baustoff daraus machen kann?

Schadholz im Lager von TRIQBRIQ. Die Firma hat ein System entwickelt, …

… welches den Bau mit Schad- und Schwachholz ermöglicht

Bei der Altholzverwendung gebe es noch große Herausforderungen. Ab wann ist Altholz Altholz und wie kann man die Schadstoffbelastung darin seriell messen, um sicherzustellen, dass es nicht belastet ist? All das seien Fragen, die auf den Tisch müssen, so Wörner. Ein weiteres Thema von TRIQBRIQ sei Plantagenholz. Der Plan ist, eine eigene Holzplantage aufzumachen und mit dem Blauglockenbaum ein schnellwachsendes Holz anzupflanzen und zu verarbeiten.

Nachfrage-Boom

Die Nachfrage nach ihrem Holzbausystem ist laut Max Wörner hoch. Es werde immer wichtiger, wie man werthaltiger und rückbaufähiger bauen könne. Zudem bringe die Angst vor Taxonomie und Stranded Assets derzeitig Projektentwickler dazu, nach neuen Technologien zu suchen. „Unser Briq ist eine Antwort auf diese Frage, die da gerade auftaucht.“ Ungefähr 100 Projekte seien derzeit in der Pipeline. Es sei aber ein gewisser Versatz da; aufgrund von langwierigen Genehmigungsverfahren und behördlichen Hürden sei vieles sehr träge.

Wir müssen die Baustoffe so einsetzen, wie sie früher eingesetzt worden sind.

Max Wörner, Geschäftsführer TRIQBRIQ

Der Bau mit dem BRIQ und die konkrete Umsetzung auf der Baustelle verlaufe indes reibungslos, so der Chef des 15-köpfigen Teams von TRIQBRIQ. Logistik und Montage funktioniere so wie bei einem herkömmlichen Ziegelstein. Auch Unwetter oder Nässe seien kein Problem. „Viele haben vergessen, wie gut Holz mit Feuchtigkeit umgehen kann“, so der Schwabe. Als organischer Stoff nehme Holz Feuchtigkeit auf, gebe sie aber auch wieder ab.

Back to the Roots

Dass beim Bau noch immer Styropor und verklebte Wärmedämmverbundsysteme benutzt werden, ist für den innovativen Unternehmer unerklärlich. „Die Folgekosten eines Baustoffes müssen mit eingepreist werden“, fordert Wörner. „Wichtig ist, dass wir nicht alles verkleben, verschweißen und hermetisch abriegeln. Wir müssen die Baustoffe so einsetzen, wie sie früher eingesetzt worden sind.“


Text: Marit Albrecht

Fotos: © TRIQBRIQ AG