Nachhaltigkeit ist das Thema der Zeit. Nicht zuletzt im Baugewerbe. Was dabei (politisch) passieren muss, um eine Bauwende im größere Stil zu bewirken – Annette Hillebrandt verrät es.
Im Rahmen der Umsetzung des Klimaschutzgesetzes hat sich Deutschland zum Ziel gesetzt, bis zum Jahre 2030 seinen Stromverbrauch zu mindestens 80 Prozent aus erneuerbaren Energien zu decken. Ergänzend zum Umweltschutzaspekt soll dadurch auch die wirtschaftliche Abhängigkeit von Energieimporten reduziert werden. Ein entsprechender Gesetzentwurf sieht vor, auch das EEG (Erneuerbare-Energien-Gesetz) zu überarbeiten. Das neue EEG soll bereits im Januar 2023 in Kraft treten. Im Fokus stehen hier sowohl die Windenergie als auch die Solarenergie. Im Falle der Solarenergie sollen bis 2030 rund 215 Gigawatt (also 215.000.000.000 Watt) aus installierten Anlagen erzeugt werden.
Neben der Vereinfachung bürokratischer Abläufe ist die seit letztem Jahr debattierte „Solardachpflicht“ eine Maßnahme zur Beschleunigung des Ausbaus erneuerbarer Energien. Leider ist diese nicht einheitlich geregelt und ist in jedem Bundesland zeitlich und inhaltlich abweichend definiert bzw. noch in Planung. Auch gibt es zahlreiche Sonderregelungen, wie z.B. in Nordrhein-Westfalen, wo seit Januar 2022 neu errichtete Parkflächen (mit mehr als 35 Stellplätzen) die Errichtung einer Solaranlage erfordern.
Baden-Württemberg
Bei Neubau gewerblich genutzter Gebäude seit 1. Januar 2022.
Bei Neubau von Wohngebäuden seit 1. Mai 2022.
Bei Dachsanierung ab 1. Januar 2023.
Bayern
Geplant: Bei Neubau gewerblich genutzter Gebäude ab 1. Januar 2023, für sonstige Nicht-Wohngebäude ab dem 1. Juli 2023.
Berlin
Bei Neubau von Wohngebäuden und Dachsanierung ab 1. Januar 2023.
Brandenburg
Aktuell keine Solardachpflicht.
Bremen
Bei Neubau von Wohngebäuden und gewerblich genutzten Gebäude ab 2023 geplant.
Hamburg
Bei Neubau von Wohngebäuden ab 1. Januar 2023. Bei Dachsanierung ab 2025.
Hessen
Aktuell keine Solardachpflicht.
Mecklenburg-Vorpommern
Aktuell keine Solardachpflicht.
Niedersachsen
Bei Neubau gewerblich genutzter Gebäude seit 1. Januar 2022.
Geplant: Bei Neubau von Wohngebäuden ab 2025.
Nordrhein-Westfalen
Bei Neubau gewerblich genutzter Gebäude ab 1. Januar 2024.
Bei Neubau von Wohngebäuden ab 1. Januar 2025.
Bei Dachsanierung ab 1. Januar 2026.
Rheinland-Pfalz
Geplant: Bei Neubau gewerblich genutzter Gebäude ab 1. Januar 2023.
Saarland
Aktuell keine Solardachpflicht.
Sachsen
Aktuell keine Solardachpflicht.
Sachsen-Anhalt
Aktuell keine Solardachpflicht.
Schleswig-Holstein
Bei Neubau gewerblich genutzter Gebäude seit 1. Januar 2022.
Thüringen
Aktuell keine Solardachpflicht.
* Stand Juli 2022 (Angaben aufgrund laufender Anpassungen ohne Gewähr)
Anhand der fehlenden nationalen Einheitlichkeit der Regelungen ist es zu erwarten, dass die Bundesländer ihre bisherigen Regelungen überarbeiten bzw. ergänzen werden. Eine spätere, allgemeine Solardachpflicht auf Bundesebene ist sicherlich kein abwegiger Gedanke, schließlich war dies ja auch ursprünglich geplant, auch wenn der Kabinettsbeschluss 2021 scheiterte. Wer bereits jetzt mit dem Gedanken spielt, in nächster Zeit ein Eigenheim zu errichten, sollte sich unabhängig der aktuellen Regelungen in seiner Kommune mit dem Bau einer Solar-/Photovoltaik-Anlage beschäftigen, da eine nachträgliche Errichtung in jedem Fall mehr Kosten nach sich zieht.
Auch wenn die Einspeisevergütung ins Netz die Anschaffung nicht lohnt, rechnet sich die Anschaffung einer Solaranlage besonders für den Eigenbedarf. Gerade in Hinblick auf die weitere Förderung und Durchsetzung der E-Mobilität und den einhergehend gestiegenen Stromverbrauch kann sich eine Anlage schon nach 10 Jahren amortisieren. Dabei müssen noch nicht einmal steigende Strompreise ins Kalkül gezogen werden. Auch bei Bestandsbauten lohnt es sich, nachzurechnen, inwieweit eine Investition Sinn macht. Hier ist es durchaus sinnvoll, wie ein Kapitalanleger zu denken und zu vergleichen, inwieweit die zu erwartende Ersparnis abzüglich der Anschaffungs- und Finanzierungskosten eine positive Rendite abwirft. Niedrige Kreditzinsen, Steueranreize und Förderprogramme (z.B. über die Kreditanstalt für Wiederaufbau) sprechen ebenfalls für eine Investition in die Kraft der Sonne.
Manch mündiger Bürger wird den Kopf schütteln und sich fragen, warum es erneut einen „Zwang“ und ein sehr undurchsichtiges Regelwerk braucht, um eine grundsätzliche, sinnvolle Maßnahme zum Klimaschutz zu unterstützen. Auch wenn Sonnenstrom grundsätzlich eine saubere Energie ist, kann es nicht im Sinne des Umweltschutzes sein, jegliche Freiflächen in der Natur mit Photovoltaik-Anlagen (und Windrädern) zu bebauen. Daher macht es in jedem Fall Sinn, bereits bebaute Flächen (in diesem Kontext Dächer) zur Gewinnung von Solarenergie zu nutzen. Trotz zahlreicher Fördermittel ist die Installation einer entsprechenden Anlage nicht umsonst. Sie muss beim Hausneubau einkalkuliert und mit in die gesamte Finanzierung eingebunden werden.
Dies gilt auch bei der Dachsanierung, die auch ohne die Errichtung einer Solaranlage eine kostspielige Sache ist. Aber: Auch wenn irgendwann doch noch eine deutschlandweite Solardachpflicht kommen würde, müsste im Einzelfall geprüft werden, ob wirtschaftliche oder technische Gründe den Eigenheimbesitzer aus der Pflicht nehmen. Ob der Gesetzgeber für Solardachverweigerer im schlimmsten Fall eine „Strafsteuer“ einführen könnte, wurde zwar ins Kalkül gezogen, ist jedoch sehr unwahrscheinlich. Aktuell ist die Nachfrage nach Solaranlagen so groß, dass viele Hersteller bereits im Vorfeld auf längere Lieferfristen hinweisen. Insgesamt ist es zu erwarten, dass die Solardachpflicht für privat genutzte Bestandsgebäude nicht weiter verschärft wird, sondern hauptsächlich im Gewerbebereich Unternehmer in die Pflicht nimmt, nachhaltig zum Klimaschutz beizutragen. In den Bundesländern, in denen die Pflicht bei Neubau eines Wohngebäudes besteht, wird die Regelung jedoch für einen zusätzlichen Preisanstieg auf dem Immobilienmarkt sorgen, auch wenn er nur im einstelligen Prozentbereich angesiedelt sein wird.
Text: Stefan Mothes
Titelbild: Shutterstock
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Damit ein Haus entsteht, kommt ein Block auf den anderen. Daran hat sich im Baugewerbe seit eh und je nicht viel geändert. Doch bleibt in der Branche wirklich alles beim Alten? Nein, tut es nicht!