02-2023
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Vom Baum zum Traum(haus)? Was an den Vorurteilen zum Holzbau dran ist

Es ist das älteste Baumaterial der Welt, vielleicht wird deshalb das Bauen mit Holz als altmodisch abgetan. Oft scheidet es bei der Auswahl der Materialien für Bauprojekte von vornherein aus. Schnell werden Argumente wie die leichte Brennbarkeit, hohe Kosten und komplizierte bauliche Vorschriften hervorgebracht. Im Podcast „Alles Holz“ sprach Sören Glöckner, Geschäftsführer des Holzbaukompetenzzentrum Sachsen, über die Arbeit des Zentrums und den Einsatz von Holz im Bauwesen. Wir haben reingehört und klären, was an den Vorurteilen dran ist und ob Holz als Baustoff zeitgemäß ist.

„Interessant ist, dass man in den Gesprächen mit Leuten auf Vorbehalte trifft, die eigentlich Stärken und keine Schwächen sind: Holz ist teuer, Holz brennt, Holz ist schwer verfügbar. Alles Dinge, die, wenn man sich mit den Argumenten sachlich auseinandersetzt, eher für und nicht gegen Holz sprechen“, so Sören Glöckner.

Und kaum ein Vorurteil hält sich so hartnäckig, wie die vermeintliche Brandgefahr. „Unsere heutigen Vorbehalte stammen noch aus Zeiten des Zweiten Weltkriegs, wo die Brandbomben dominant waren, und ganze Städte niedergebrannt sind. Man hat nach dem Krieg sehr großen Wert darauf gelegt, alle Brandschutz- und Baubestimmungen so zu formulieren, dass man alles, was brennbar ist, gar nicht erst nehmen kann“, erklärt Sören Glöckner. Jedoch ist Holz im Brandfall viel berechenbarer als beispielsweise Stahl. Es kann sehr genau bestimmt werden, nach wie vielen Minuten, wie viel Material verbrennt und wie tragfähig ein Bauteil dann noch ist. Tragende Holzbauteile werden heute so dimensioniert und baulich geschützt, dass sie ohne weitere Brandschutzmaßnahmen auskommen. Das Thema Brennbarkeit ist also im modernen Holzbau kein Problem mehr, im Gegensatz zum Stahlbau. Stahl offenbart große Schwächen, wenn er hoher Hitze ausgesetzt wird. Bei minderwertigen Brandschutzmaßnahmen kann Stahl unvermittelt kollabieren. 

Ausgewiesener Experte im Bauen mit Holz: Sören Glöckner, Geschäftsführer des Holzbaukompetenzzentrum Sachsen
Foto: © Holzbaukompetenzzentrum Sachsen

Es gibt auch Bauherren, die Angst haben, dass Holzgebäude von Insekten und Pilzen befallen werden und dadurch Schäden erleiden. Heute wird ein konstruktiver Holzschutz eingesetzt, um es dauerhaft und gebrauchstauglich zu halten. So können sich Schädlinge gar nicht erst ausbreiten und die Holzbauteile werden vor Feuchtigkeit und Verrottung geschützt.

Dass Holz unzuverlässig ist und sich aufgrund von Feuchtigkeit und Klimaveränderungen verformen oder verziehen kann, ist ein weiteres Vorurteil. „Dies ist inzwischen jedoch nur ein technisches Problem, das leicht behebbar ist“, meint Sören Glöckner. Zu Verformungen kommt es, wenn das Holz nicht richtig getrocknet und verarbeitet wird. Moderne Trocknungstechnologien und Konstruktionstechniken wie Holzrahmenbau und Glulam-Konstruktionen (engl. „glued laminated timber“) tragen dazu bei, dass Holz seine Form und Stabilität beibehält. 

„Das eigentliche Problem ist, dass wir eigentlich gar keine Erfahrung mehr mit dem Bauen mit Holz haben.“

Sören Glöckner, Geschäftsführer Holzbaukompetenzzentrum Sachsen

Als ultimatives Argument gegen das Bauen mit Holz werden oftmals die Kosten ins Feld geführt. Sie sind traditionell höher, weil Bauteile aus Holz immer ein Stück weit Einzelanfertigungen sind, im Gegensatz zu anderen Werkstoffen. Oder besser waren. Neue Technologien, wie beispielsweise computergestützte Fertigung (CNC), Modulbau oder neue Verbindungstechnologien lassen inzwischen auch die Vorfertigung und Systematisierung von Holzbauteilen zu. Damit lassen sich nun auch Skalierungseffekte erzielen, die die Kosten deutlich senken. Somit können Holzhäuser nun sogar im sozialen Wohnungsbau eingesetzt werden. Eine pauschale Aussage, ob Holz günstiger oder teurer ist, lässt sich zwar nicht treffen. Hier sollte jedes Bauprojekt individuell betrachtet werden. Es bietet aber oft eine deutlich bessere Ökobilanz und weist nicht selten auch eine bessere Wärmedämmung als konventionelle Baumaterialien – wie beispielsweise Beton, Stein oder Stahl – auf. Werden die geringeren Kosten durch Energieeinsparungen in die Gesamtrechnung einbezogen, ist Holz oft auf Augenhöhe oder sogar günstiger als Bauen mit den genannten Baustoffen.

„Bauen mit Holz wird perspektivisch eher günstiger als teurer.“

Sören Glöckner

Oberschule am Leipziger Barnet-Licht-Platz in Holzbauweise: Sachsens erste Schule in klimafreundlicher Holzbauweise.
© Holzbaukompetenzzentrum Sachsen

Die Fassade besteht aus einer horizontalen Verkleidung mit Holz-Rhombus-Leisten. Die Holzfenster und der Sonnenschutz mit farblich hervorgehobenen Lamellen bilden einen Kontrast zur Fassadengestaltung.
© Holzbaukompetenzzentrum Sachsen

Das Z8 in Leipzig ist das erste fünfgeschossige Wohn- und Geschäftshaus in Holzmassivbauweise Sachsens.
© Holzbaukompetenzzentrum Sachsen

Mit seiner spitz zulaufenden Fassade erinnert das Z8 an das New Yorker „Flat Iron-Building“. Wie der ikonische Bau in New York zieht auch das Z8 die Aufmerksamkeit weit über die Stadtgrenzen hinaus auf sich. So wurde es bereits mit mehreren Architektur- und Baukulturpreisen ausgezeichnet.
© Holzbaukompetenzzentrum Sachsen

Und dann gibt es noch ein Argument, dass gegen den Bau mit Holz spricht. Ironischerweise hat es nichts mit dem Werkstoff zu tun, sondern mit den Rahmenbedingungen: die Bauordnung. „Die sächsische Bauordnung, die Verordnungen und Normen die hier galten, ließen es nicht zu, solche Bauteile aus Holz zu bauen“, erklärt Sören Glöckner. „Inzwischen haben wir die notwendigen Änderungen zusammengestellt und den Landtagsabgeordneten empfohlen, diese in die neue Bauordnung zu übernehmen. Und das wurde dann auch mit Beschluss vom 1. Juni 2022 umgesetzt. Insofern haben wir jetzt die notwendigen Voraussetzungen“ zeigt sich Sören Glöckner zufrieden. „Jetzt müssen wir nur noch lernen, wie man sie umsetzen kann“, sagt Glöckner. In Deutschland und den meisten Bundesländern gelten strenge Regeln für den Bau mit Holz. Sie sollen einerseits sicherstellen, dass Holzgebäude den hohen Anforderungen an Brandschutz, Stabilität und Energieeffizienz gerecht werden, andererseits aber auch das Vertrauen in Holz stärken. Für einige Experten wie Sören Glöckner schießen sie aber über das Ziel hinaus. „Es geht darum, Verhältnisse herzustellen, die den Baustoff Holz gleichstellen mit anderen Baustoffen. Dafür setzen wir uns weiter ein.“ 

„Täglich wächst allein in sächsischen Wäldern Holz für 200 Einfamilienhäuser nach.“

Sören Glöckner

Wer den Podcast hören möchte, findet ihn auf Spotify und Amazon Music.

Veranstaltungshinweis: 1. Sächsischer Holzbautag am 28. Juni 2023 in der Messe Dresden.

Bricks Don’t Lie-Beitrag zum Thema Holzbau:


Text: Robert Kaltschmidt

Titelbild: © Shutterstock